Gutenberg – die Geburt der industriellen Drucker-Kunst  und das Internet – die Entstehung  eines weltweiten digitalen Kommunikationsnetzes –zwei Revolutionen für die Menschheit vergleichbar, aber nicht gleichwertig.

 Die Fakten

Johannes Gutenberg (1400-1468) wurde in Mainz geboren. 1434 erfand er die Drucker-presse (ein typographisches Druckverfahren mit Buchstaben aus verschiedenen Metallen)  und forschte nach neuen Methoden, um Papier beidseitig zu bedrucken. Das gelang ihm 1441 mit Hilfe einer von ihm entwickelten Spezialtinte . Den Beruf des Buchdruckers übte er ebenso in Straßburg  wie in Mainz aus, damals beides rheinische Städte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Das Internet (ein Kommunikationsmittel, das verschiedene Datennetze weltweit miteinander verbindet) basiert auf einer Dokumentationstechnologie, die zum ersten Mal im Oktober 1972 in Washington genutzt wurde anlässlich der “ICCC-Konferenz” (International Conference on Computer Communications). Erfunden wurde das Internet zunächst zu ausschließlich  militärischen und wissenschaftlichen Zwecken.

Heute ist das Internet ein globales Kommunikations-Netz, das allen Nutzern offensteht, Es  verknüpft alle vorhandenen Datennetze miteinander, private wie öffentliche, die von Universitäten und Forschungseinrichtungen ebenso wie die von Unternehmen und  staatlichen Organen.  Übermittelt werden die Informationen durch  standardisierte Übertragungs-Protokolle, die verschiedenste Daten weiterleiten, umwandeln und lesbar machen können.  Ein wesentlicher Bestandteil des weltweiten Datenverkehrs  betrifft den Versand und Austausch von Mails und das Arbeiten im  “World Wide Web”. Der Zugang zum Internet erfolgt  durch Anbieter und auf verschiedenen Kommunikationswegen (festes oder mobiles Telefonnetz, Glasfaser-Kabelnetz, Satelliten-Verbindung). Die Zugangskosten sind relativ niedrig; das erklärt die große Anzahl von Nutzern, deren Zahl auf etwa 4 Milliarden im September 2014 geschätzt wird.

  1. Ihre Auswirkungen

Beide hoch innovativen Technologien haben etwas gemeinsam: Sie sind Informations- und Wissens-Träger und haben durch ihre  Verbreitung eine zunächst nicht vorstellbare Wirk-Kraft  entfaltet.

Das Druckwesen

Die Kunst der Buch-Druckerei hat entscheidend zur Ausbreitung der humanitären Ideen der Renaissance (XV-XVI Jhdt.)  und der vier nachfolgenden Jahrhunderte beigetragen. Sie  erlaubte die Verbreitung und Umsetzung von Wissen in Kapital und eröffnete  Zugang zu Wissen in allen wissenschaftlichen, philosophischen und kulturellen Disziplinen –  für den, der damals das Lesen beherrschte. Ihr verdanken wir die breite Öffnung des geistigen Horizonts und die wachsende Fähigkeit der Bürger zu kritischen Analysen von Sachverhalten oder Thesen, zum intellektuellen Dialog zwischen „aufgeklärten“ Staatsbürgern. Das mit der Kunst des Buchdrucks eingeläutete Zeitalter der „Aufklärung“ hat die Entwicklung der europäischen Gesellschaften entscheidend geprägt. Forscher und Denker arbeiteten gemeinsam an Fragen der Zeit, teilten Kreativität, Fragen und Gedanken, Wissen und Forschungsergebnisse. Diese Informationen durch Buchdruck frei verfügbar zu machen, hat die Grundlage für die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger  an der Demokratie gelegt und den Weg in die moderne Welt von heute geebnet.

Das Internet

Das Internet hat Ende des 20. Jahrhunderts eine vergleichbare Wirkung entfaltet. Es hat zur Kapitalisierung und großflächigen Verbreitung von Wissen und einer weltweiten Verknüpfung  von Datennetzen beigetragen. Es gibt allerdings einen ganz entscheidenden Unterschied:

Zunächst betrifft das den Faktor Zeit: Die “digitale” Revolution hat  die Welt in atemberaubender  Geschwindigkeit erobert.  Innerhalb nur weniger Jahre wurden  gewachsene soziale Strukturen hinweggefegt, neue Lebensformen, Denkgewohnheiten und ein geändertes Sozialverhalten stellen uns vor tiefgreifende Fragen, die unser tiefstes Menschsein berühren. Und  Antworten fordern, auf die wir (noch) nicht vorbereitet sind. Die „digitale“ Revolution hat alle Lebensbereiche erfasst,  Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, das soziale Zusammenleben ebenso wie die Gestaltung von Arbeit und Freizeit, und das generationenübergreifend bis hin zum Lesen und Spielen…

Tradierte Berufe verschwinden, neue Materialien ermöglichen neue Herstellungsverfahren und schaffen neuartige Arbeitsplätze, auch diese ständig dem Wandel unterworfen. Die virtuelle Welt wird Teil der konkreten Lebens-Wirklichkeit. Wo finden wir heute unsere festen Bezugspunkte? Was ist wahr und wirklich, und was ist wichtig? Und was dagegen falsch, eine Täuschung?

Alles Gedruckte braucht  Zeit und eine sorgfältige Vorbereitung. Jemanden, der für dessen Inhalt steht, das notwendige Wissen und auch einen fundierten, belegbaren Standpunkt hat. Seien es nun Journalisten, Wissenschaftler, Politiker , Forscher oder andere Experten. Sie stehen für die Qualität des Veröffentlichten mit ihrem Namen. In der digitalen Welt kann heute jeder alles und sein Gegenteil behaupten, ohne sich für dessen Wahrheitsgehalt verantwortlich zeigen zu müssen. Tatsachen und persönliche Wahrnehmungen verschmelzen zu einer neuen Netz-Wirklichkeit, die zunehmend weniger Sicherheit bietet, seriöse Informationen und manipulierte Inhalte auseinanderzuhalten.

  1. Was steht auf dem Spiel?

Die Wucht der technischen Revolutionen  hat sämtliche Bereiche des sozialen Lebens erfasst.

Mit der der Erfindung der Druckerei-Technik sprengt das Wissen die Mauern der Klöster und entzieht sich damit der Kontrolle der Kirche. Das gesellschaftliche Leben wird vielfältiger, nicht-religiös bestimmte Lebensformen und Verhaltensmuster entwickeln sich, die Menschen lernen, sich von alten und erstickenden Zwängen zu befreien. Vertikale Hierarchien, die ihre Macht anderen aufzwingen und nicht mit anderen teilen wollen, verlieren ihre Herrschaft. Die Modernisierung bahnt sich ihren Weg – sei es in der Wissenschaft, in der Kunst oder in der Politik.

Mit dem Internet sind die Veränderungen noch spektakulärer. Die ganze Welt  ist daten-mäßig  im digitalen Netz zu einem großen Ganzen verbunden und zugleich darin gefangen.

Weit entwickelte industrielle Gesellschaften kommunizieren auf gleichen Wegen wie Menschen in weniger entwickelten Ländern. Über Kontinente und Kulturen hinweg können Menschen miteinander Nachrichten austauschen, zusammen arbeiten oder auch nur spielen. Digitale Plattformen machen virtuelle Treffen möglich, bieten Chancen des Dialoges, die bislang nur Eliten vorbehalten waren. Zugleich bleiben alle diese Formen der Begegnung einem steten Wandel unterworfen.

Das Internet wirft die alles entscheidende Frage nach der letztlichen Verantwortung auf.

Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat kann diese  nur bedingt tragen und verteidigen.  Im Kern geht es darum, welche Hierarchien in der neuen Netzgesellschaft die „Spielregeln“ bestimmen. Das betrifft  Unternehmen ebenso wie Schulen und Universitäten, die Politik und alle anderen Formen des gesellschaftlichen Engagements. Bürgerliche Protestbewegungen verändern das soziale Bewusstsein, fordern Platz und Stimme und stellen gewohnte demo-kratische Regeln in Frage. Das birgt große Chancen und zugleich tiefgreifende Risiken.

  1. Was tun?

Die Welt ist ein soziales Konstrukt. Jedes menschliche Wesen zählt und sollte in der Lage sein, seine Rolle in der Gesellschaft zu spielen, und zwar zum gemeinsamen Wohl.

Dafür braucht es umfassend gebildete Bürger, fähig zur Reflektion und zum Dialog mit Andersdenkenden, ohne ideologische oder fatalistische Scheuklappen und einen zerstörerischen Herrschaftsanspruch. Das ist keine neue Erkenntnis,  aber sie ist heute aktueller denn je. Erinnern wir uns an Blaise Pascal (XVII Jhdt.) und seine „Pensée“: Arbeiten wir daran, das Gute zu denken: das ist das Prinzip der Moral.“

“Der Mensch ist ein nur Schilf-Rohr, aber ein denkendes Schilf-Rohr. Die Welt muss nicht zu den Waffen greifen, um es zu zerstören. All unsere Würde besteht in unserem Denken.

Gutenberg und das Internet
Redaktion Sabine Urban, Januar 2015, Übersetzung Angelika Lipp-Krüll

 

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1 Comment » for Gutenberg und das Internet
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